Wilhelm Leopold Pfeil

Die Begründung wissenschaftlichen Waldanbaus
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts lag das preußische Forstwesen danieder. Bemühungen zu Zeiten Friedrich des Großen, die vernachlässigten und ausgeplünderten Wälder einer geregelten Bewirtschaftung zuzuführen, waren versandet, und es fehlte an qualifizierten Fachkräften. Die seit 1770 bestehende Berliner "Forstakademie", geleitet von dem Botaniker Johann Gottlieb Gleditsch, stellte 1806 ihre Tätigkeit ein. Doch es war offenbar, daß zum einen Versorgungsnot, insbesondere nach Preußens Niederlage durch die Napoleonischen Truppen, zum anderen die unaufhaltsame Tendenz der Industrialisierung den Holzbedarf weiter erhöhen würden. Friedrich Wilhelm III. hatte bereits 1797 bei seinem Amtsantritt erkannt, daß sorgende Waldpolitik und auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhende Waldwirtschaft nicht zu trennen sind.

So wurde 1811 Georg Ludwig Hartig nach Berlin berufen. Der Oberlandesforstmeister und Staatsrat sorgte sich fortan um die Wiederaufnahme des forstlichen Lehrbetriebes. Er war es, der sich für die Bildung einer Forstakademie an der Berliner Universität einsetzte und für die Berufung von Friedrich Wilhelm Leopold Pfeil als dessen Direktor. Pfeils Schrift von 1816 „Über die Ursachen des schlechten Zustandes der Forsten und die allein möglichen Mittel ihn zu verbessern, mit besonderer Rücksicht auf die Preußischen Staaten. Eine freimütige Untersuchung” hatte die Aufmerksamkeit der Fachleute erregt.


Wilhelm Leopold Pfeil im Kreise seiner Schüler auf der Hirschjagd in Liepe 1848. Nach der Natur gezeichnet und lithographiert von V. E. Meyer. Original im Stadt- und Kreismuseum Eberswalde
Im Harz geboren und ausgebildet, arbeitete Pfeil zunächst in Schlesien, ab 1816 als Forstmeister im Dienst des Fürsten zu Carolath-Beuthen. Im Juni 1821 hielt er im Großen Hörsaal der Berliner Universität seine Antrittsrede als Direktor der Preußischen Forstakademie. Darin verwies der promovierte Forstmann mit erstaunlicher Weitsicht auf die „Wichtigkeit der Wälder für die Existenz ganzer Völker und ihres Kulturzustandes” und auf eine voranschreitende Verwissenschaftlichung menschlicher Lebensgestaltung.

1821 begann in Berlin ein neuer Abschnitt der forstlichen Lehre. Pfeil förderte mit seinen Analysen, Untersuchungen und Ausführungen die sowohl akademische als auch praxisorientierte Ausbildung des Forstmannes – zugunsten des „Nationalwohlseins” und einer sowohl ertragsorientierten als auch regenerativen Holzwirtschaft. Fortan ersetzten genaue Taxation, Vermessung der Forsten mit Karten, exakte mathematische Berechnung der Areale, Verzeichnis der Art des Bewuchses und der jeweiligen Bodenqualität Augenmaß und geschätzte Erfahrungswerte. Die Nutzung der Wälder wurde ökonomisch berechenbar und dem Raubbau konnte dank wissenschaftlicher Erkenntnisse entgegengewirkt werden. Das Prinzip der NACHHALTIGKEIT, dass nur soviel Holz geerntet werden darf wie nachwachsen kann, wurde ein ethisches und zugleich ökonomisches Richtmaß.

Sowohl Pfeils Forscherleidenschaft als auch seine forstwissenschaftlichen Arbeitsbedingungen sind zweifellos gefördert worden durch den Aufenthalt im „Gelehrten Berlin”. Das Verhältnis des Menschen zur Natur war eines der zentralen Themen der Künstler wie der Naturwissenschaftler und Philosophen. Pfeil konsultierte namhafte Wissenschaftler zu den unterschiedlichsten Fragen. Diese wiederum waren vom Wissen und Fleiß Pfeils beeindruckt. Georg Wilhelm Friedrich Hegel, später Rektor der Berliner Universität, verlieh ihm 1821 die Ehrendoktorwürde der Philosophischen Fakultät. Mit dem Juristen Friedrich Carl von Savigny korrespondierte Pfeil über historische Fragen. Der Agrarwissenschaftler Albrecht Daniel Thaer war sein kongeniales Vorbild in Sachen der „rationellen Landwirthschaft”. Wilhelm und Alexander von Humboldt bestärkten Pfeil in seinem Bestreben nach praxisnaher Forschung und Lehre und in der Idee des Umzugs der Forstakademie nach Neustadt-Eberswalde.



Friedrich Wilhelm Leopold Pfeil (1783–1859)
1821 1859Direktor der Preußische Forstakademie


Hier nun vermittelte er die Vorteile standortgerechten Waldbaus, insbesondere die der Kiefernkulturen. 1839 schrieb er: „Die Holzart, welche den größten Nutzen gewährt, ist ohnstreitig die Kiefer – sie ist eine Krone aller unserer Holzarten. Bei ihr wird mit den wenigsten Mitteln und den kleinsten Opfern der Zweck, die Befriedigung aller unserer Holzbedürfnisse im allgemeinen am ersten und sichersten erreicht”.

Pfeils Biografen ist es „unfaßbar, wie ein Mensch dieses Maß an Arbeit überhaupt bewältigen konnte”. Seine Veröffentlichungen betrafen sowohl Forstpolitik, Forsteinrichtung, Standortskunde, Forstschutz, Forstgeschichte, Revierbeschreibung sowie Forst- und Jagdrecht. Auch die Kritischen Blätter, die er herausgab und in denen er publizierte, sind Ausdruck seines unermüdlichen Ringens um den Wald.

Bis 2006 wurde von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde, die nun mehr als 180 Jahre besteht, ein Wilhelm-Leopold-Pfeil-Preis vergeben, der europäische Wissenschaftler und Praktiker ehrt, die sich beispielhaft um Waldwirtschaft im Sinne der Landeskultur verdient gemacht haben. In Berliner Ortsteil Pankow ist eine Straße nach dem verdienstvollen Forstwissenschaftler benannt.


Zum eher unromantischen Naturverhältnis von Wilhelm Leopold Pfeil und Carl Blechen    Der Wald zwischen Anbetung und Ausbeutung